Demo ist immer

Demo ist immer

Jeder Sprecher braucht Hörbeispiele, darauf können wir uns einigen. Zusammen mit einer gut gestalteten, zielgenauen Website sind deine Hörbeispiele Teil deiner Visitenkarte. Sie zeigen potentiellen Kunden, wer du bist und was du kannst – ohne sie, kein Marketing. Was Demos sein sollten und was nicht, das soll dieser Blogpost ein bisschen aufdröseln.

Viele Fragen

Nachstehend ein paar typische Fragen, die immer wieder – insbesondere von Sprecher-Neulingen gestellt werden:

  • Was ist eigentlich der Sinn und Zweck einer Demo – eines Hörbeispiels?
  • An wen ist sie gerichtet?
  • Wann soll/kann/darf ich meine Demos einsprechen?
  • Audio oder Video – oder beides?
  • Kann ich meine Demos selber produzieren?
  • Wie lang soll/muss meine Demo sein?
  • Mix oder single?
  • Mit Musik, oder ohne?
  • Post Production oder nicht?

Ich habe diese Fragen in meinen fast zwanzig Jahren als Voice Actor alle schon mal gehört. Und ich habe zu allen Fragen eine Meinung, die nicht im luftleeren Raum entstanden ist, sondern durch Gespräche mit Kunden, Casting-Agenturen, Coaches und natürlich Kollegen und Kolleginnen aus dem In- und Ausland, mit denen ich vernetzt bin.

Einige Antworten

“Das bist du? Echt?” – “Du hörst dich ja toll an!” Man darf sich durchaus gebauchpinselt fühlen, wenn Familie und Freunde sich so oder ähnlich äussern. Solche Kommentare gehen gut runter, sind aber kein Maßstab in irgendeiner Weise, wenn es darum geht, Demos zu produzieren.

Sinn und Zweck einer Demo

Den Sinn und Zweck einer Demo habe ich im Grunde bereits oben angesprochen. Deine Stimme und dein stimmliches Können, deine stimmliche Flexibilität und Wandlungsfähigkeit sind dein Produkt und deine Dienstleistung. Deine Stimme und das Genre (oder mehrere), das du bedienen möchtest, sind die Basis deiner Marketingstrategie, deine Hörbeispiele sind die Umsetzung dessen. Deine Demo darf nicht Selbstszweck sein.

An wen richten sich deine Demos

Die Adressaten und Hörer deiner Demos sind leider keine homogene Gruppe. An wen richten sich also deine Demos? Nun, die gute Nachricht, sie haben alle nur das eine im Sinn – sie wollen deine Stimme vermarkten! Kunden, oft mit der Hilfe von Casting-Agenturen, Tonstudios, Audio- und Videoproduzenten, Lokalisierungsagenturen etc. etc., suchen die Stimme, die ihre Marke am besten verkörpert und unterstützt, ein Produkt oder eine Dienstleistung erklärt oder bewirbt. Die schlechte Nachricht ist, dass alle, die an deiner Stimme interessiert sein könnten, möglicherweise unterschiedliche Erwartungen an eine Voice Demo haben. Fazit: eine Demo einzusprechen, ohne dabei deine Marketingstrategie und die Zielgruppe im Kopf zu haben, an die sich die Demo richten soll, ist eine Fehlinvestition. Ein toller Text, tolle Musik oder ein geiles Video sind kein Grund eine Demo zu produzieren, wenn sie nicht in deine Marketingstrategie passt. Eine Demo ist nicht Selbstzweck. Sie soll deine Stimme gezielt vermarkten.

Welche Erwartung hat der Hörer, dein potentieller Kunde

Zwangsläufig ergibt sich nun die Frage: Was erwartet der Hörer von deiner Demo? Der Hörer, dein potentieller Kunde, möchte deine Stimme hören. Er möchte deine Stimme hören, um zu entscheiden, ob du die richtige Stimme für sein Projekt bist. Oft möchten Kunden deine Stimme “pur” hören – auch um die Aufnahmequalität beurteilen zu können, andere stört es nicht, wenn du (oder ein Toningenieur…) deine Stimme mit dem einen oder anderen Plugin ein bisschen aufgehübscht hast.

Es ist jedoch etabliert, dass derjenige, der in deine Demo reinhören wird und über “Papierkorb” oder “engere Wahl” entscheidet, diese Entscheidung innerhalb 5-10 Sekunden trifft. Danach solltest du dich richten. Der erste Eindruck zählt.

Decision Time

Musik – ja oder nein?

Man stelle sich vor, dein potentieller Kunde hat auf seine Ausschreibung hin hundert oder sogar mehr Hörbeispiele erhalten, die er nun durchhören muss. Fünf bis zehn Sekunden sind eine sehr kurze Zeit. Warum also möchtest du deine Demo mit zwei, drei oder mehr Sekunden Musik einleiten? Dein Kunde ist nicht an deinem Musikgeschmack interessiert. Ich kenne Casting-Agenten, die eine Demo, die mit Musik beginnt rigoros in die Tonne kloppen, weil sie nicht die Zeit dafür haben. Hier ist ein Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte – die ersten 45 Sekunden einer mehr als elf Jahre alten Demo. Ich hatte damals einen befreundeten Toningenieur gebeten, einen Zusammenschnitt aus Jobs, die ich bis dahin gesprochen hatte, zu erstellen. Es vergehen fast 5 Sekunden mit Musik, bevor ich etwas sage…. und dann nochmal fast 5 Sekunden bevor der nächste Clip beginnt.

Meine Sachtext-Demos haben in der Regel keine musikalische Untermalung. Werbespots mit Musik sind ein anderes Thema. Vielleicht hast du einen deiner Jobs, den du gerne als Demo nutzen möchtest? Dagegen spricht überhaupt nichts, wenn du spätestens nach einer Sekunde zu hören bist. Musik kann deine Performance unterstützen, sollte deine Stimme aber nicht überlagern.

Audio oder Video oder beides?

Wenn du dich auf einschlägigen Agentur-Websites wie der Sprecherdatei, Brilliant Voice und Voquent oder P2P-Portalen wie Voice123 und Bodalgo umsiehst, findest du vornehmlich Audio-Hörbeispiele, oft nach Genres unterteilt. Die Sprecherdatei z.B. bietet allerdings auch Platz für Videos im jeweiligen Sprecherprofil. Auch auf deiner Website sollten Videos – insbesondere solche, die potentiellen Kunden zeigen, für welche Marken und Firmen du tatsächlich bereits gesprochen hast – an prominenter Stelle zu sehen sein. Würde ich ein (Demo)-Video versenden, wenn ich mich um einen Job bewerbe? Natürlich nicht! Dann gilt ausschliesslich, die Erwartung des Kunden zu bedienen. Kontaktiert ein Kunde dich, weil ein eLearningprojekt vertont werden soll, dann schickst du dein eLearning-Hörbeispiel, sucht der Kunde eine Stimme für Mitarbeitertraining mittels einer Power-Point-Presentation, dann schickst du natürlich nicht dein Telefon-Hörbeispiel. Auch nicht dein geiles Käse-Video… 😉 Es geht immer darum, zielgerichtet deine Stimme zu vermarkten, nichts anderes.

Mix oder single Clips? Und wie lang? “Dry” oder “produced”?

Diese drei Bereiche lassen sich gut zusammen abhandeln. Gerade vor ein paar Tagen hatte ich die Gelegenheit an einem Interview/Webinar zwischen meiner in Frankreich lebenden amerikanischen Kollegin Stephanie Matard und dem Betreiber der französischen Sprecheragentur Presta Voice, Thomas Dormoy teilzunehmen.

Thomas hat meine Erfahrung unterstrichen. Mixed Demos oder Single-Clip Demos? In Deutschland und auch in Frankreich sind Demo-Mixes, also ein “Medley” aus mehreren Clips desselben Genres eher unüblich. Amerikanische Kunden lassen sich dagegen gerne solche Medleys zuschicken, um sich einen schnellen Überblick über dein Können zu verschaffen. Bei Werbung-Demos etwa 4-5 Clips in 60 Sekunden Gesamtlänge, bei Sachtext-Demos 4-6 Clips in 90-120 Sekunden Gesamtlänge. Auf P2P-Portalen und Agentur-Websites empfehle ich einzelne Clips, nach Möglichkeit von tatsächlichen Jobs, ggf. reduziert auf 15-20 Sekunden. Auf der eigenen Website würde ich beides verwenden, Mixed-Demos für den ersten schnellen Eindruck, die man sofort und ohne Scrollen oder Navigieren findet und zusätzlich eine Unterseite “Demos”, für diejenigen, die detaillierter reinhören möchten.

Nun zum letzten Punkt unter dieser Überschrift. “Dry Voice” oder “Produced”. Meine Meinung dazu? Beides. Der potentielle Kunde hört sich deine Stimme an, um zu entscheiden, ob deine Stimme zu seinem Projekt passt oder nicht. Einmal mit dem De-Clicker und/oder Waves R-Vox oder Hi-Pass plugin drüber, sofern man damit umzugehen weiss, also leichtes Make-up, ist ok. Man möchte sein Auto auch nicht zum Kauf anbieten, ohne damit vorher durch die Waschstrasse gefahren zu sein. Ferner bieten Hörbeispiele von fertigen Jobs, insbesondere natürlich Werbung , einen guten Eindruck davon, wie du klingen könntest in einem fertigen Spot, einem fertigen Video oder Imagefilm.

Kann ich meine Hörbeispiele selber produziere?

Meine Antwort dazu? Nein. Aber die Angelegenheit ist komplizierter, als nur ein schlichtes “Nein” als Antwort. Meine Werbung-Demo wurde professional erstellt und ich kann jetzt nicht sagen, dass ich damit total happy bin, aber ich würde sie immer wieder von einem Profi produzieren lassen.

Insbesondere nachdem ich mehrfach gesehen habe, was jemand wie Matthias Cieslik aus einer Aufnahme machen kann! Also, es sei denn du bist Toningenieur und/oder kennst dich damit aus, eine Demo zu mixen und zu mastern und hast die dafür notwendige Software, lass die Finger davon…!

Anders sieht es mit meinen Sachtext-Demos aus. Da mein Hauptarbeitsgebiet die Aufnahme von Sachtextjobs ist, habe ich natürlich viele fertige Aufnahmen von eLearning Projekten, Imagefilmen, Produktvideos, Mitarbeitertraining etc. etc. etc. Also habe ich jeweils einzelne Clips zurechtgeschnitten für z.B. die Sprecherdatei , Bodalgo etc. Ferner habe ich 4-6 Clips von fertigen Sachtext-Aufträgen aneinandergereiht, um ein Mix von 90-120 Sekunden Länge an Interessenten schicken zu können.

Diese Mixes habe ich selbst zusammengestellt, und je nach Adressat verändere ich auch die Reihenfolge der Clips, sodass ein eLearning Produzent nicht als erstes einen Imagefilm Clip hört, sondern einen eLearning Clip.

Abschliessend noch eine grundsätzliche Anmerkung zu professionell produzierten Demos. Ein guter Coach und ein guter Toningenieur wie Matthias in Zusammenarbeit, können aus fast jedem Anfänger eine relativ ansprechende Demo rauskitzeln. Aber Vorsicht!! Wenn dein potentieller Kunde eine solche Demo von dir erhält, hat er entsprechende Erwartungen. Du legst damit vielleicht die Latte qualitativ auf eine Höhe, die du aufgrund deines Coaching, deines eigenen Equipments, deiner Aufnahmeumgebung oder deiner Gesamtsituation gar nicht leisten kannst.

Fazit

Egal was du machst, wie du es machst – oder machen lässt – darfst du meiner Ansicht nach nie aus den Augen verlieren, wen du mit deinen Demos erreichen willst. Welches Genre liegt dir besonders? Deine Marketingstrategie, und damit auch deine Hörbeispiele, sollte darauf ausgerichtet sein. Und noch was… nur weil du sprechen kannst, bedeutet das nicht, dass du auch Kundentexte professionell vertonen kannst. In anderen Worten, du möchtest sicherlich auch nicht, dass jemand, irgend jemand, dir deine Heizung für den Winter richtig einstellt, nur weil er oder sie einen Werkzeugkasten hat.


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