Dein Skript, das unbekannte Wesen

Immer wenn ich ein neues Skript bekomme, gehe ich automatisch eine Art von Checkliste durch, die mir hilft, den Text wirklich zu verstehen und ihn mir zu eigen zu machen.

Ich bin fürs Grundsätzliche

Das Grundsätzliche, vielleicht ist es sogar der langweilige Teil unseres Jobs als Voiceover kommt zuerst. Die Checkliste. Über die Jahre und mit Hilfe von kompetenten Coaches habe ich gelernt, meine Checkliste abzuarbeiten. Sie ist heute auch die Basis meines eigenen Coaching-Angebots. Ohne eine solche Checkliste bleibt ein Text ein Text.

Textanalyse

Kein Script wird wirklich lebendig, es sei denn, du bist der Text, du bist die Person. Was meine ich damit? Es ist wichtig, dass dieses neue Skript, dass du vom Kunden erhalten hast, ein Teil von dir wird, etwas, das du so gut kennst, dass dir nichts davon entgeht. Auch nach neunzehn Jahren als Voice Over bleibt dieser Prozess, diese Checkliste abzuarbeiten, interessant. Und es ist manchmal immer noch schwierig.

Das Genre

Es gibt alle möglichen hilfreichen Hinweise im Skript, die dir helfen, deine Checkliste abzuarbeiten. Die offensichtlichste Frage ist die, welches Genre habe ich hier vor mir? Werbung, Sachtext und da wiederum Imagefilm, Produkteinführung, e-Learning, Doku etc.? Das dürfte nicht zu schwierig sein. Was will der Text vermitteln und wem. Hast du die Backstory gefunden und skizziert? Insbesondere bei Werbetexten gibt es eine Backstory.

Beziehung zum Text

Nachdem du das Skript ein paar mal gelesen hast, solltest du in der Lage sein, den Inhalt, die Essenz mit deinen eigenen Wort zu kommunizieren. Du entwickelt eine Art Beziehung zum Text. Ich will damit nicht sagen, dass du detaillierte Kenntnisse über Halteschienen von HILTI, Motoren von AMG oder die neuesten Modelle von Harley Davidson haben musst, um das Skript sprechen und inhaltlich vermitteln zu können. Aber du kennst jetzt wahrscheinlich die Stimmung, das Setting in dem der Text stattfinden und kannst die drei W’s beantworten.

Lerne so viel wie möglich von deinem Kunden. Was will er mit dem Text vermitteln, und finde so viel wie möglich über die Zielgruppe heraus. Je mehr du weisst, desto besser und sicherer kannst du deine Rolle übernehmen. Manchmal ist ein kurzes Telefonat mit dem Kunden möglich, um das Projekt zu besprechen!

Die drei W’s

Es ist vor Allem wichtig, dass du lernst, die drei W’s zu beantworten. Sie sind der Schlüssel zum Text und zur Qualität deiner Performance. Wer bist du? Mit wem sprichst du? Glaubst du, dass dein Gesprächspartner dir glaubt? Befindest du dich in einem Park? Auf einer belebten Straße? In einem Verkaufsgespräch? Oder erklärst du einen Sachverhalt? Sprichst du einen jungen Menschen an? Einen älteren Menschen? Bist du freundlich, traurig, aufgeregt, albern, sarkastisch oder wütend? Der Text und deine Antworten auf die drei W’s werden dir hier den Weg weisen. Es ist ein Unterschied, ob ich mich in der Rolle des Produktentwickler bei HILTI sehe und einem Bauingenieur die Funktion und Verwendung einer neuen Halteschiene erkläre, oder ob ich in meiner Rolle als Verkäufer dasselbe Produkt einem Bauherrn erkläre und anbiete. Kennst du den Ansprechpartner oder ist er/sie dir fremd? Es macht einen Unterschied.

Deine Performance

All diese Fragen spielen eine Rolle, wenn es darum geht, eine unterhaltsame und überzeugende Performance hinzulegen. Auch wenn dein Kunde Vorgaben zum Skript liefert – z.B. “heroisch, begeistert, stolz” – ist es unerlässlich, sich die oben genannten Fragen zu stellen, bevor man aufnimmt, um die Vorgaben umzusetzen.

Ein neues Skript ist ist immer auch eine neue Gelegenheit zu lernen, Gelerntes anzuwenden und noch besser zu werden. Und es wird nie wirklich langweilig.

Finde einen Coach

Wenn du noch unsicher bist im Umgang mit einem Skript und der Gestaltung deiner Performance, such dir einen Coach! Einen Sprecher oder eine Sprecherin mit Berufserfahrung! Begleitend kann gelegentlich auch ein Coach mit Schwerpunkt Stimmgestaltung/-bildung von Nutzen sein, wenn du in dem Bereich Probleme hast.