Früher oder später wird in deiner Sprecherkarriere der Punkt kommen, an dem ein Kunde bei der Aufnahme dabei sein und vielleicht sogar Regie führen möchte – eine Remote-Session, die entweder in einem auswärtigen Tonstudio oder in deinem eigenen Studio stattfinden kann, oder eine Kombination beider. In diesem Blogpost geht es darum, wie man sich auf eine Remote-Session vorbereiten kann, wie eine solche Session ablaufen kann und was man dazu benötigt.
Zunächst, was ist eine Remote-Session?
Obwohl ich in der Vergangenheit für Remote-Sessions auch schon mal ein befreundetes Kölner Tonstudio gebucht habe, finden die meisten Aufnahmen in meinem eigenen Studio auf Mallorca statt, wobei der Kunde aus der Ferne live Regie führt.
Das Gros der Sprecherjobs läuft so ab, dass du vom Kunden per Email ein Skript erhältst und den Text in deinem Studio einsprichst, also auch selbst Regie führst. Das bedeutet, dass niemand live dabei ist, der dir Feedback, Anweisungen oder Empfehlungen für die Gestaltung des Textes gibt. Du triffst alle Entscheidungen allein – du bearbeitest das Audio und schickst es an den Kunden.
Es gibt jedoch Fälle, in denen Kunden bei der Aufnahme “dabei” sein möchten, um während der Session Anweisungen geben zu können. Auf diese Weise hat der Kunde die Möglichkeit, die kreative Richtung der Aufnahme unmittelbar zu beeinflussen.
Bei Kampagnen wie nationalen Fernseh- und Radiowerbespots sind Remote-Sessions eher üblich. Solche Buchungen sind für den Kunden so wichtig, dass er/sie dabei sein und Anweisungen geben möchte, damit der Spot genau so wird, wie man es sich vorgestellt hatte. Der Kunde möchte auf das Ergebnis Einfluss nehmen und von deiner Kreativität in Echtzeit profitieren.
Wie läuft nun so eine Remote-Session ab?
Vielleicht sagt der Kunde zu Beginn der Session so etwas wie: “Gib mir einfach drei Versionen – was immer sich für dich richtig anfühlt.” Jetzt bist du gefragt, zeige deine Fähigkeiten als Sprecher. Fähigkeiten, die die durch dein Training und vielleicht durch Improvisations- und Schauspielunterricht verfeinert hast. Mach das Beste draus!
Hier ist ein Beispiel aus meiner Arbeit. Ein langjähriger Kunde in Salt Lake City hat den Auftrag bekommen, ein neues Produktvideo in mehrere Sprachen zu übertragen – zu “lokalisieren”. In meinem Studio auf Mallorca habe ich bereits die sogenannte “Signal Chain”, also die Verbindung vom Mikrofon in meiner Kabine über das Audio-Interface, zu meinem iMac mit der Aufnahmesoftware auf meinem Schreibtisch ausserhalb der Kabine eingerichtet und geprüft. Ich habe meinen iMac per Ethernetkabel mit dem Router verbunden. Alles funktioniert, ich bin bereit. Zum vereinbarten Zeitpunkt erhalte ich per Email einen “SourceConnect Now”-Link vom Toningenieur in Salt Lake City. Ich gebe den Link in meinen Chrome Browser ein, wähle mich ein und höre bereits den Toningenieur David in Salt Lake in meinem Kopfhörer. “Hey Dave, how’s it goin'” melde ich mich. “Doin’ good. Fresh snow on the mountain this morning. Listen, you’re comin’ in a little hot. Go ahead dial your gain back just a tad.” Ich reduziere an meinem Audio-Interface mit dem entsprechenden Regler das Mikrofonsignal ein wenig. Inzwischen hat sich auch Richard, der Vertreter des Endkunden in Frankfurt bei David gemeldet. Ich begrüsse ihn auf deutsch und er umreisst kurz, wie der Text gesprochen werden sollte, ist aber offen für Vorschläge. David in Salt Lake City wird aufnehmen, ich werde in meinem Studio auf Mallorca auf meinem iMac für alle Fälle eine Backup-Aufnahme mitlaufen lassen und Richard in Frankfurt wird Regie führen. Eine knappe halbe Stunde später gehen wir wieder auseinander. Bis zum nächsten Mal.
Die technischen Optionen einer Remote-Session
Während die oben beschriebene Remote-Session per SourceConnect Now durchgeführt wurde, gibt es heutzutage natürlich auch noch andere Möglichkeiten. Mehr darüber lest ihr in Teil 2 in ein paar Tagen.